28. November 2014

Familienaufstellungen und andere Themen

Aufstellungen gewähren den Blick hinter die Fassaden

Obwohl ich schon viele Jahre Aufstellungen leite, bin ich nach wie vor fasziniert von dem Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung. Der Klient stellt für die an seinem Problem beteiligten Personen Stellvertreter oder Symbole auf. Wir arbeiten mit verdeckten Aufstellungen, das bedeutet, weder der Klient noch die Stellvertreter kennen die Rolle, für die sie stehen.
Während einer Weiterbildung in der Klinik Wollmarshöhe sprach ich mit Professor Kilian Mehl über Systemaufstellungen und deren wissenschaftliche Anerkennung. Er meinte, dass Systemaufstellungen sehr gut funktionieren. Die Zusammenhänge sind spürbar, faszinierender Weise sowohl bei Patienten als auch in deren Umfeld, doch die Wissenschaft weiß im Moment noch nicht, wie das konkret zusammenhängt.
Eine Erklärung resultiert aus dem Zusammenspiel der Dimensionen im morphogenetischen Feld. Dennoch kann noch niemand fundiert nachweisen, woher die aufgestellten Repräsentanten ihre Informationen über das reale System des Klienten beziehen. Nur dass es funktioniert ist eindeutig. Hierfür gibt es sehr viele Beispiele. Eines davon ist Werner*, der für den Vater einer Klientin stand und plötzlich das Gefühl hatte nicht gesehen zu werden. Später stellte sich heraus, dass die Klientin ihn schon viele Jahre nicht mehr gesehen hatte, da er im Ausland lebt und der Kontakt abgebrochen war.

Wer einmal als Stellvertreter in einer Aufstellung stand erlebt eine eindrucksvolle Form der Wahrnehmung.

Alex* hatte bei einer Themen-Aufstellung Schwierigkeiten beim Thema "Mutter". Er drehte sich vom Thema weg und sagte, dies ginge ihn nichts an. Im später folgenden Gespräch kam heraus, dass er als Kind zur Adoption frei gegeben wurde. Die Frage mit der er zum Workshop gekommen war lautete "Wieso spüre ich keine wirkliche Nähe zu meiner Frau?"
Das Beispiel zeigt den Moment, wo es wichtig wird, dass ein Aufstellungsleiter auch andere Coaching-Tools beherrscht. In diesem Fall war es das Wissen um tiefenpsychologische Zusammenhänge und entsprechende Lösungswege.

Die große Chance besteht beim Systemstellen darin, dass in kürzester Zeit hemmende Beziehungsmuster eines Systems erkannt und Informationen erreicht werden können, die in der Realität nicht so offen zugänglich wären.

Wo eine große Chance, dort ist auch ein großes Risiko. Denn wer glaubt, mit dem harmonisierten Endbild wäre alles getan, der irrt. Es sieht durchaus ab und an wie wahre Wunder aus, wenn die Zusammenhänge real in der Umsetzung gesehen werden. Doch das ist nicht immer so. Wer nicht bereit ist, sich selbst weiterzuentwickeln, auch tangierende Bereiche für seinen Lösungsweg einzubeziehen, der darf länger auf ein Wunder warten. Wie im Fall von Simone*. Sie hatte schon zig-fach ihren Arbeitsplatz gewechselt und bekam immer wieder Stress mit den Vorgesetzten. Während der Aufstellung wurde deutlich, dass sie in den Vorgesetzten unbewusst ihren Vater sah und immer wieder dagegen rebellierte. Während die Vorgesetzten, dies natürlich nicht akzeptieren konnten. Eine Aussöhnung mit ihrem Vater hätte das System beruhigt, doch das wollte sie nicht. Dies ist ein Beispiel, dass Wunder etwas anderes sind als eine Knopfdruck-Lösung.

Bei Kybkom klären wir Themen sowohl mit Stellvertretern als auch in der Einzelberatung mit Symbolen – in allen Fällen brauchen Wunder nach der Aufstellung das aktive Würdigen und Wertschätzen im wirklichen Leben.

Wer einmal das Leuchten in den Gesichtern der Klienten nach einer gelungenen Aufstellung miterlebt hat, wird nie mehr die Methode an sich in Frage stellen. Die Faszination ist absolut nachvollziehbar und berechtigt. In der Aufstellungsarbeit liegen nachhaltige Chancen für die Klienten, die Stellvertreter und die Arbeitswelt.

*Namen geändert


Herzliche Grüsse

Karin Pietzek

Weitere Info zu systemischen Aufstellungen, Familienaufstellungen, Karma-Aufstellungen, Themen-Aufstellungen, Berufs- und Partnerschaftsaufstellungen: www.kybkom.de/Seminare

Stress und Entspannung

Die Evolution sorgte dafür, dass unser Stresssystem beim Stand unserer frühen Urahnen stehen blieb. Wieso das so ist, konnte ich bis dato noch nirgends finden. Ob das vielleicht damit zusammenhängt, dass wir uns in einer sehr schnelllebigen Zeit auch Ruhezeiten wirklich gönnen?

Betrachten wir uns den Stress aus biologischer Sicht, dann handelt es sich um einen angeborenen Angriffs- und Fluchtreflex. Er ermöglicht uns in Notsituationen schnell zu reagieren. Alle zur Verfügung stehenden Energiereserven werden mobilisiert, damit wir auf große körperliche Belastungen reagieren können.
Was die Evolution übersehen zu haben scheint, führt zu einer Schwächung der rationalen Leistungsfähigkeit. Die Bewertung dessen, was tatsächlich eine Notsituation ist, erfolgt intuitiv. Dabei handelt unser Gehirn auf dem Stand unserer Urahnen und definiert erst mal viel mehr als Notsituation. Dies beinhaltet super schnelle biologische Reaktionen und frei werdende Energie.
Für die Zeit der Dinosaurier war das genial. Nach den Stresssituationen ruhten sich unsere Ahnen aus. Sie genossen das erreichte Ziel oder waren froh, überlebt zu haben.
In der 'modernen' IT gesteuerten Welt nehmen sich jedoch wenige die Zeit für wirkliche Entspannung. In der Folge kommt es zu Regenerationsschwierigkeiten. Diese zeigen sich beispielsweise in Schlafproblemen, Durchblutungsschwierigkeiten, Herzrhythmus- oder Verdauungsproblemen. Was passiert da eigentlich im Körper?

Drei Phasen im Ablauf einer Stressreaktion

 Grafik: Thorben Wengert_pixelio

 Alarmphase

Unser Körper kommt in die Alarmphase, wenn Stress auslösende Situationen wahrgenommen werden.
Auslöser von Außen sind z.B.: Lärm, Hitze, Kälte, Verletzungen und Hunger
Auslöser von Innen sind z.B.:  Angst,  Unter- oder Überforderung, Zeitdruck, aus der inneren Harmonie führende Verhaltens- oder Denkmuster.


Reaktionsphase

Kommt es zu seiner Stress-Situation, dann produziert unser Körper jede Menge Hormone. An dieser Stelle stelle ich der Übersicht wegen nur einige vor.
Das Kleinhirn signalisiert "Alarm", in der Nebennierenrinde werden Adrenalin für die schnelle Bewegungsfähigkeit und Blutdrucksteigerung erzeugt. Zeitgleich wird Cortisol als "Hallo wach"-Hormon ausgeschüttet. Bei zuviel Cortisol würde unser Blutdruck überdurchschnittlich hoch. Das Herz versucht einen Ausgleich zu schaffen und produziert z.B. atriales Peptid, das die Freisetzung des Cortisols reduziert.
Damit das Blut mit genügend Kraftstoff versorgt wird, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Das sorgt dafür, dass genügend Glucose in den Muskeln ankommt und dort zur Verfügung steht. Das sympathische Nervensystem läuft auf Hochtouren.

Unser Körper ist auf maximale Leistung ausgerichtet, und zeigt dies mit
·         steigendem Blutdruck und Puls
·         Blutzucker und Blutfettwerte sind erhöht
·         das Blut aus den äußeren Gliedmaßen fließt in die Muskelbereiche; kalte Finger und Zehen
·         das Gehör und das Sehvermögen sind gestärkt
·         der Körper trennt sich von unnötigem Ballast, Blase und Darm entleeren sich
·         alle für eine Flucht- oder Kampf-Situation nicht benötigten Körperfunktionen wie Regeneration, Verdauung, reflektierendes Denken werden reduziert oder teilweise behindert, der Wahrnehmungsfokus liegt auf dem Stressauslöser, andere Sinneseindrücke treten in den Hintergrund.
Da wir die erhöhte Hormonproduktion selten wie unsere Ahnen mit körperlicher Aktivität verarbeiten, zeigen sich die Hormone in Form von Emotionen. Sprichworte wie "jemand ist hitzköpfig", "Erfolg steigt in den Kopf", "jemand geht etwas an die Nieren", "was ist dir denn über die Leber gelaufen" weißen auf dieses Phänomen hin.
Kommt es zu Dauerstress, dann führt dies zu einer Disharmonie in den körperlichen Abläufen. Organe werden überlastet und können ermüden. Die Disharmonie zeigt sich emotional und psychosomatisch mit z.B. Schlafstörungen, emotionalen Extremen (Depression, Wut), organischen Problemen und/oder Durchblutungsstörungen
Anmerkung: Unter der Leitung von Lauri Nummenmaa hat sich eine finnische Forschungsgruppe mit den menschlichen Emotionen befasst und diese experimentell untersucht. Die Ergebnisse  wurden im Fachmagazin der nationalen Akademie der Wissenschaften in den USA, PNAS, im Fachmagazin "Proceedings" veröffentlicht. [hier geht es direkt zur Publikation >]


Grafik: Günther Gumhold_pixelio
 Bewältigungsphase

Für die Bewältigungsphase helfen uns Methoden, mit denen wir unsere innere Balance leichter finden. Stress sollte nur ein kurzfristiger Zustand sein. Denn ist beispielsweise eine erhöhte Menge Cortisol im Blut, benötigt unser Körper ca. zwei Wochen um dieses auf einen harmonischen Normalzustand zu regulieren.
Hilfreich sind Erholungsphasen einzulegen. Diese können in Form von einfachen Entspannungsverfahren erfolgen, hierzu zählen progressive Muskelentspannung, PME, (engl. progressive Muscle relaxation, PMR) , autogenemes Training, AT, Meditationen. Tiefer gehend sind die Methoden rund um tiefenpsychologisches Hypnocoaching.

Mit dem Nutzen von Ruheoasen im Alltag ist vergleichsweise wenig Aufwand  verbunden. Die unterstützende Wirkung der Arbeit unseres parasympathischen Nervensystems hat jedoch nachhaltige Folgen. Was fällt dir beim Lesen hier spontan ein? ... .

Doch wie funktionieren Entspannungsverfahren?
Nehmen wir das Beispiel des Autogenen Trainings und den einzelnen Übungsschritten der Grundstufe:

Ruhe
Bei der Ruhe-Übung wird der Körper informiert, dass es sich hier um eine sichere Zone handelt. Das parasympathische Nervensystem übernimmt die Steuerung.

Schwere
Die Schwere-Übung fokussiert die Wahrnehmung nach innen. Das Gefühl der angenehmen Schwere dehnt sich im Körper aus.

Wärme
Bei der Wärme-Übung wird der Blutdruck reguliert. Die Wahrnehmung des gleichmäßigen Fließen erfolgt in Form von angenehmer Wärme, die sich im ganzen Körper ausbreitet.

Herz
Die Organübung mit dem Herzen zeigt sich in der bewussten Wahrnehmung des individuellen Herzrhythmus, der harmonisch als Puls fühlbar ist.

Atem
Die Atem-Übung beruht auf dem Wahrnehmen, dass wir eine unbewusste Atmung haben. Dies führt zu innere Sicherheit. Speziell bei Asthmatikern kann das sehr hilfreich sein. "Es atmet mich".

Solar plexus
Das Sonnengeflecht, auch Solar plexus genannt, entspricht einer Nervenansammlung, die im Körper vorne, zwischen Bauchnabel und unteren Rippenbögen liegt. Der Fokus auf diesen Bereich unterstützt die Beruhigung aller damit interagierender Organe. "angenehme Wärme strömt vom Solar plexus in jede Zelle des Körpers", "angenehme Wärme strömt".

kühle Stirn
Mit der Bewusstwerdung der kühlen Stirn, dem Fühlen, dass das wirklich funktioniert, kommt die Sicherheit, dass wir unsere Körperwahrnehmungen mit unserem Bewusstsein beeinflussen können.

Leitsatzbildung
Leitsätze entsprechen inneren Zielvorgaben. Wer Leitsätze von anderen Menschen nutzt, mit denen zwar ein Wunsch, nicht jedoch ein eigenes Ziel verbunden wird, wird relativ wenig Wirkung spüren. Wird der Leitsatz jedoch aus der individuellen Innenschau heraus entwickelt, dann können heilsame und mystisch anmutende Wirkungen zur Realität werden.

Fazit

Stress kann mit Ruheoasen und Entspannungsverfahren leicht reduziert werden. Ob sich jemand dafür die Zeit nimmt, hängt von der individuellen Einstellung zu sich selbst ab. Es steht jedem frei zu warten, bis sich die Stress-Folge-Symptome mit Konzentrationsschwäche, Organ- und/oder Schlafstörungen zeigen. Wer vorbeugen und/oder von Folge-Symptomen wegkommen möchte, hat die Möglichkeit dies mit dem Nutzen von Entspannungsverfahren aktiv zu tun.

Workshops und Ausbildungsseminare:                     www.kybkom.de/Seminare

Gerne stehe ich zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung. 

Herzlichst

Karin Pietzek