17. Juli 2014

Kritikfähigkeit

Es ist schon sehr interessant wie unterschiedlich Menschen sind und was alles unter Kritik verstanden wird. Bei einem Seminar zum Thema "Kritikfähigkeit", das ich neulich leitete, wollten die Teilnehmer eine genaue Erklärung wie sie verschiedene Persönlichkeitstypen mit einem imaginären Stempel versehen . In ihrer Vorstellung würde es folglich im Bedarfsfall leichter fallen, den Mitarbeitern mit konstruktiver Kritik zu begegnen.
Der Wunsch kam kurz vor einer Pause, ich entschied mich spontan zum Einbau einer systemischen Aufstellung. In Anlehnung an das Riemann-Thomann-Modell wurden auf vier Blätter jeweils ein Persönlichkeitstyp geschrieben: Nähe-Mensch, Distanz-Mensch, Dauer-Mensch, Wechsel-Mensch.
Die Blätter verteilte ich anschließend mit dem Schriftzug zum Boden an vier verschiedenen Stellen im Seminarraum.
Für die Teilnehmenden war das systemische Stellen neu und sehr abstrakt. Sie arbeiten üblicherweise mit dem Kopf und sollten plötzlich auf ihr Gefühl hören. Dennoch ließen sie sich auf das Experiment ein. Das Ergebnis überraschte. Viele erkannten sich selbst wieder.

Natürlich gibt es immer Mischformen, die Übergänge sind fließend. Auch können Erziehung, angelernte Verhaltensmuster, aktuelle Situation die Grundform oberflächlich beeinflussen. Dennoch wird diese in Stresssituationen, die beispielsweise auch bei Kritik entstehen können, tendenziell fühlbar.

Das Riemann-Thomann-Modell ist besonders hilfreich bei Prozessen der Teamentwicklung. Es fördert die Wertschätzung füreinander und die positive Bedeutung und Rolle der einzelnen für das Team. Für mich ist das Riemann-Thomann-Modell eine sehr interessante und wertvolle Möglichkeit zum Bewusstmachen von Unterschieden und dem Erlernen der verschiedenen Umgangsmöglichkeiten als Kritikgeber, -nehmer und -beobachter.

Im oben genannten Seminar wurde mit dem Erkennen der verschiedenen Persönlichkeitstypen, deren Kennzeichen, der Bedeutung was jedem Typ wichtig ist und welches die schwierigen Seiten sind weitergearbeitet.
Anschließend nahmen die Teilnehmenden in Rollenspielen Perspektivenwechsel vor. Sie erfuhren am eigenen Leib, wie sich beispielsweise ein Distanz-Mensch fühlt, dem die anderen drei Grundtypen zu nahe kommen. Auch wenn für den ein oder die andere das Eintauchen in eine andere Rolle zu Beginn schwierig war, so wurde dennoch deutlich, welchen Mehrwert ein Perspektivenwechsel hat.
Kritikfähigkeit beginnt in dem Moment, in dem sich jemand seiner selbst bewusst wird. Mit dem Wissen, dass es auch andere Persönlichkeitstypen gibt, lässt sich der Alltag leichter gestalten. Grenzen können so gesetzt werden, dass sie vom Gegenüber akzeptiert werden. Konflikte reduzieren sich deutlich und Kritik wird konstruktiv, was wiederum zu einem harmonischeren Miteinander führt.

Herzliche Grüsse,

Karin Pietzek

Informationen zu den Kybkom-Seminaren: http://www.kybkom.de/Seminare.html


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